Bäderarchitektur - Der nostalgische Charme historischer Prachtbauten auf Usedom

An den Promenaden von Usedom reihen sich atemberaubende Zeitzeugen einer längst vergangenen Epoche aneinander.

Der charakteristische Baustil der „Bäderarchitektur“ wurde erstmals im 1793 gegründeten Seebad Heiligendamm an der mecklenburgischen Ostseeküste angewendet. Hier im ältesten Seebad Europas wurde dieser Baustil erstmal im damaligen Kurhaus benutzt und kann somit als Gründungsbau dieser Stilrichtung bezeichnet werden.

Bäderarchitektur (oder Bäderstil) bezeichnet die Gesamtheit aller unterschiedlichen Baustile, die charakteristisch für Seebäder sind. Der Stil verbreitete sich schnell entlang der deutschen Ostseeküste. Sie ist aber bauhistorisch gesehen keine in sich geschlossene Stilepoche, sondern ein Zusammenspiel aus Baumerkmalen verschiedener Epochen wie Klassizismus, Historismus und Jugendstil.

Die prägende Zeit für die Bäderarchitektur reichte von 1793 bis 1918. Besonders während der Gründerzeit entstanden viele Villen in diesem Stil an den deutschen Küsten. Es gab im wesentlichen 3 Aspekte, die für die Entstehung des ersten deutschen Seebades an der mecklenburgischen Küste im Jahre 1793 in Doberan und Heiligendamm ausschlaggebend waren: Der Reiz an der Natur, die Förderung der Gesundheit durch Anwendungen und Aufenthalte an der See und drittens das gesellschaftliche Interesse sich an einem schönen Ort zu treffen und aufzuhalten.

Zu Kaisers Zeiten reiste die vornehme Gesellschaft aus den Großstädten ans Meer. Wer es sich leisten konnte, verbrachte den Sommer in einem der Ostseebäder zur Kur. Die gehobene Berliner Gesellschaft fuhr damals regelmäßig mit dem gesamten Hausstand in ihre großzügigen Sommerresidenzen. Schließlich war die Hauptstadt damals direkt und schnell mit der Bahn zu erreichen.

Wohlhabende Städter gaben ihren Architekten den Auftrag, eine eigene Villa an der Ostsee zu bauen – so entstanden die verspielten Häuser mit repräsentativen Fassaden und sommerlichen Holzveranden. Adel, Banker und Großindustrielle verbrachten ihre Sommerzeit selbstverständlich auf Usedom, aber auch Intellektuelle, Maler, Musiker und Schriftsteller zog regelmäßig auf die Insel. Hier fanden sie die Ruhe, die es in der Metropole nicht gab, inklusive einer magischen Verbindung aus Licht, Luft und Landschaft. Thomas Mann beendete hier beispielsweise im Sommer 1924 seinen großen Roman „Der Zauberberg“.

Ahlbeck galt als „die Badewanne von Berlin“. Die Gebäude in den Seebädern sehen wie Ableger der Stadthäuser in den Berliner Villenvierteln Grunewald, Wannsee und Lichterfelde aus. Bis heute ist ist dieser Charme des 19. Jahrhunderts in den Seebädern von Usedom erhalten geblieben.

Nach der Wende wurde an der Ostseeküste viel saniert. Insbesondere kurz nach der Wende ist die typische Bäderarchitektur nicht immer erhalten geblieben. Zum Glück griffen rechtzeitig die Denkmalpfleger ein, um den einzigartigen Bestand zu sichern. Mittlerweile gibt es über 520 denkmalgeschützte Bauten im Bäderstil auf Usedom. Die schönsten Villen der Bäderarchitektur reihen sich hier wie weiße Perlen an einer Schnur auf der mit 508 Metern längsten westeuropäischen Promenade in Heringsdorf. Aber nicht nur Villen, Hotels und Kurhäuser wurden in diesem Stil gebaut, sondern auch Seebrücken, Konzertpavillons und Badeanstalten. Auch heute wird auf Usedom oft noch im Stil der Bäderarchitektur gebaut, um die historische Identität dieses Baustils auf der Ostseeinsel zu bewahren.

Beschreibung und Merkmale

Kennzeichnend für die Bäderarchitektur ist die plastische Aufgliederung der Fassaden. Auskragende Balkone, eingezogene Loggien, Eck-Erker und ebenerdige Terrassen verbinden die Innenräume mit dem Freiraum, der sonnenbeschienenen Wiese am Strand. Die Bäderarchitektur ist ganz auf die spezifischen Bedürfnisse des Feriengastes orientiert.

Charakteristisch sind meist zwei- bis viergeschossige Bauten mit teilweise verspielten Balkonen, Veranden und aufwendig gestalteten Fenstern. Reizvolle Laubsägearbeiten und Ziergiebel, die die Pensionsbauten schmücken; offene Säulenreihen vor den Pavillons oder Badehäusern und schließlich eine verschwenderische Schmuckentfaltung an Fassaden mondäner Hotels. Ob eiserne, reich verzierte Balkongitter, große Marmorsäulen, Dreiecksgiebel mit Ornamenten verziert oder Türmchen jeder Art – nichts ist gleich und doch gehört alles zusammen. Es sind diese in ihrer Gesamtheit wirkenden Elemente, die sich im Verlauf der Jahrzehnte unterschiedlich weiterentwickelten und heute an der Küste die Bäderarchitektur prägen.

Diese Häuser wurden meist in weiß gehalten, mitunter befinden sich darunter aber auch farblich abgesetzte Häuser. Größere Villen sind auch mit hervorspringenden Fassadenteilen, Halbsäulen und Pfeilern versehen.

Vor allem in der Zeit des Jugendstil entstanden viele Bauten mit schmückenden Ornamenten mit maritimen oder floralen Motiven. Meist handelt es sich bei den Villen um Holzbauten, die lediglich einen Kern aus Stein besitzen. Kaum jemand weiß, dass hier bereits um 1900 Deutschlands erste Systemhäuser aus Holz gefertigt wurden. Manchmal sind die Bädervillen auch von Elementen alpenländischer Blockhütten oder russischer Holzhäuser geprägt. Das gilt insbesondere für die sogenannten Wolgasthäuser, die als erste Fertighäuser der Welt gelten und seit 1868 in Wolgast produziert wurden.

An der Ostsee dominiert die Bäderarchitektur vor allem auf der Insel Usedom in den sogenannten Kaiserbädern Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin sowie in Zinnowitz oder im polnischen Swinemünde. Auch heute werden noch vereinzelt wieder Bauten im Stil der Bäderarchitekur gebaut, um die historisch-architektonische Identität der Seebäder zu wahren.

Ahlbeck

Einer der schönsten Repräsentantinin der Usedomer Bäderarchitektur ist die Seebrücke in Ahlbeck. Der historische Bau ist ein Wahrzeichen und geht auf das Jahr 1882 zurück. Trotz der zahlreicher Restaurierungen und ergänzender Umbauten wurde der ursprüngliche Charakter der Ahlbecker Seebrücke bis heute sehr gut erhalten.
An der Ahlbecker Strandpromenade ziehen sich prächtige Gründerzeitvillen mit verspielten Fassaden, vorspringenden Erkern und Säulenkapitellen entlang. Nicht weniger elegant präsentiert sich die Bäderarchitektur im Ostseebad Bansin. Ein nahezu geschlossenes Gebäudeensemble im Gründerzeitstil befindet sich in der Bansiner Bergstraße.

Bansin

Nordöstlich von Heringsdorf entstand 1897 das jüngste der drei Bäder. Es liegt in einem schmalen Streifen direkt zwischen der Steilküste und der See. Die Häuser wurden „auf Lücke“ gebaut, sodass auch die zweite Reihe direkt auf das Meer blickt. Hier findet sich das längste zusammenhängenden Ensembles der Bäderarchitektur.

Bansin erhielt im Jahr 1923 als erstes deutsches Seebad die „Freibade-Erlaubnis“. Auch hier findet man ganze Straßenzüge mit dem historischen Baustil der Bäderarchitektur. In Bansin wurde zum Glück sehr viel erhalten und aufwendig saniert. Fündig wird man vor unter anderem an der Strandpromenade mit den Hotels "Kaiser Wilhelm", "Atlantic" und "Germania". Die parallel verlaufende Bergstraße lädt zu einem kleinen Spaziergang ein. Die Villen sind hier etwas weniger pompös, sind dadurch aber nicht minder beeindruckend. Nirgendwo sonst gibt es so viele erhaltene Bäderarchitekturvillen auf einem Fleck wie in der komplett erhalten gebliebenen Bergstrasse mit den Villen Astrid und Laetitia, sowie das Hotel Kaiser Wilhelm.

Heringsdorf

In Heringsdorf kann man Usedomer Bäderarchitektur in ihrer Vollendung bewundern. Zu den ältesten hier befindlichen Gebäuden gehört die Villa Achterkerke. Sie wurde im Jahr 1854 nach Plänen des Architekten Bernhard von Bülow errichtet. Der charakteristische Dreiecksgiebel mit seinen kunstvollen Schnitzereien und die Säulenkapitelle dienten als Vorlage für zahlreiche weitere Gründerzeitvillen, die in der Folge in dem Ostseebad entstanden sind. Zahlreiche prunkvolle Villen mit verzierten Fassaden, kleinen Türmchen und verglasten Balkonen reihen sich an der Strandpromenade aneinander. Ein herausragendes Beispiel der Bäderarchitektur ist die Villa Oechsler, die im Jahr 1883 erbaut wurden

In Heringsdorf finden sich viele Villen in diesem Baustil, zum Beispiel die Villa in Delbrückstraße Nr. 6 in Heringsdorf. In dem 1873 entstandenen Haus logierte u.a. auch Kaiser Wilhelm II. Ein weiteres Wahrzeichen der Bäderarchitektur in Heringsdorf ist die Villa Irmgard, in der heutigen Maxim-Gorki-Straße. Die als neoklassizistisches Gästehaus erbaute Villa weist auch markante Elemente des Jugendstils auf, die in Heringsdorf einzigartig sind.

Zu den bekannten Bauten im Bäderstil gehört auch die Villa Oppenheim in der Delbrückstraße 11, in der der Maler Lyonel Feininger 1909 bis 1912 wohnte. Direkt daneben befindet sich die Villa Delbrück, die Geheimrat Hugo, der Gründer der „Aktiengesellschaft Seebad Heringsdorf“ erbauen ließ. Weitere sehenswerte Häuser sind die Villa Staudt und die Villa Bleichröder.

Zinnowitz

Ab 1851 durfte sich Zinnowitz offiziell mit dem Zusatz Seebad schmücken, hier kann man eine Reihe sehenswerter Bauten der Bäderarchitektur entdecken. Dazu gehören vor allem repräsentative Villen entlang der Strandpromenade, mit ihrem gepflegten Vorgärten. Zu den architektonischen Highlights in Zinnowitz gehören die Villa Viktoria, das Strandhotel Preußenhof und die historische Villa Charlotte. Aber auch in vielen Seitenstraßen, abseits der Strandpromenade wird man fündig. Die Fassaden vieler Villen sind kunstvoll mit maritimen oder floralen Elementen verziert und besitzen verglaste Veranden und Balkone. 

Bäderarchitektur als touristische Identität

Jenseits von Meer, Strandkorb und Dünen macht die ostdeutsche Ostsee­küste das ganze Jahr über mit ihrer architek­tonischen Besonderheit, die keine andere Region des Landes so nachhaltig geprägt hat, auf sich aufmerksam. Der Erhalt dieser architektonischen Kostbarkeiten ist essenziell für unsere Region.

Der historische Bäderstil ist nicht nur nobel und ästhetisch, er ist vor allem prägend für Usedom und die gesamte Ostseeküste. Die Ostseebäder entlang der Küste verdanken ihr mondänes Antlitz ihrem einzigartigem und prägendem Baustil. Nach einem in Blau getauchten Tag am Wasser und ­einem Gefühl für unendliche Weite halten sich die Blicke dankbar an den unzähligen Schmuckformen und Farben der Bädervillen fest.

Man erkennt diesen einmaligen Stil unverkennbar wieder und kann doch nur schwer sagen, was es ist, dass ihn so besonders macht. Wer einen Spaziergang durch die Kaiserbäder macht und die Villen aufmerksam betrachtet, wird nicht nur ihre typischen Elemente, sondern vor allem ein bestimmtes Lebensgefühl nachempfinden. Die Bäderarchitektur definiert eine vergangene Epoche und spiegelt den damaligen Zeitgeist wieder.

Die Art zu bauen zeugt von einem Modegeschmack einer längst vergangenen Zeit. Schon damals galt es als schick und angesagt, eine Villa in einem der mondänen Seebäder zu besitzen. Hier verbrachte man die schönste Zeit des Jahres.

Die Bäderarchitektur gehört genauso wie die Sonne, das blaue Meer und der feinsandige Strand zu Usedom. Die herrschaftlichen und reich verzierten Bauten sind heute das weltweit größte zusammenhängende Ensemble erhaltener Bäderarchitektur.

Die Bäderarchitektur ist eine historische Kostbarkeit, die in dieser Dichte auf keiner anderen Ost- oder Nordseeinsel so zu finden ist. Das Zusammenspiel der ungezähmte Natur des Meeres mit der herrschaftlich mondänen Architektur, machen einen Aufenthalt für jeden Besucher auf Usedom einzigartig und besonders.

Wir freuen uns sehr, dass Sie neugierig auf Usedom sind.

Herzliche Grüße

Kristin & Daniel Wolter
Insel Insider @ Panoramahaus Usedom

Über den Insel Insider Usedom

Der Insel Insider gibt ihnen Tipps für ihren Ferienhausurlaub auf Usedom. Viele dieser Orten besuchen wir selbst gern, wenn wir Zeit auf Usedom verbringen. Wir zeigen ihnen die schönsten Orte der Ostseeinsel und stellen ihnen Tipps vor, die ihren Urlaub auf Usedom noch schöner machen werden.

Der Insel Insider bietet Ihnen wertvolle Einblicke und Geheimtipps für Ihren unvergesslichen Urlaub auf Usedom. Wir teilen gerne unsere persönlichen Entdeckungen, da wir selbst jede freie Minute nutzen, um die malerischen Ecken und die atemberaubende Natur der Ostseeinsel Usedom zu erkunden. Lassen Sie sich von uns zu den verborgenen Schätzen Usedoms führen, wo Sie die einzigartige Schönheit und Ruhe der Insel erleben können.

Unsere Tipps umfassen die schönsten Orte Usedoms, von versteckten Stränden bis hin zu malerischen Dörfern, und bieten Ihnen die Möglichkeit, die Insel aus der Perspektive eines Einheimischen zu entdecken. Erfahren Sie, wie Sie Ihren Aufenthalt auf Usedom mit Aktivitäten und Erlebnissen bereichern können, die Ihren Urlaub noch spezieller machen.

Über das Panoramahaus Usedom

Das Panoramahaus Usedom ist ein modernes Ferienhaus auf Usedom, ein Zufluchtsort für Designliebhaber, die Erholung vom städtischen Trubel suchen. Sie finden in unserem Ferienhaus auf Usedom eine gekonnte Mischung aus Architektur, moderner Kunst und Designmöbeln, eingebettet in die schönste Naturlandschaft Usedoms.

Das Panoramahaus Usedom, ein Highlight unter den Ferienhäusern auf Usedom, bietet Ihnen eine Oase der Ruhe fernab des Alltags. Dieses moderne Ferienhaus vereint einzigartiges Design mit komfortabler Wohnkultur. Genießen Sie die Ruhe und Schönheit Usedoms in einem Ferienhaus, das speziell für Liebhaber von Design und Erholung konzipiert wurde.

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Die Kaiserbäder von Usedom: Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin

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